Pressemitteilung der Altdorfer Waldbesetzung am 3. März 2021

Waldbesetzer*innen organisieren regelmäßige Waldspaziergänge und Austauschrunden für Bürger*innen

Seit dem 25.2.2021 besetzen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen diverser Initiativen nach den Vorbildern des Hambacher Forsts und des Dannenröder Walds den Altdorfer Wald, um ihn vor der vom Regionalverbund geplanten Rodung zu beschützen. Ab einschließlich dem 7.3.2021 organisieren die Waldbesetzer*innen nun jeden Sonntag um 14:00 Uhr öffentliche Waldspaziergänge und Austauschrunden für interessierte Bürger*innen.

“Der Regionalverband ist intransparent und undemokratisch”, konstatiert Waldbesetzerin Emma Junker (17). Dabei bezieht sie sich auf die Tatsache, dass der für die Rodung verantwortliche Regionalverband Statistiken über den Kiesexport unter Verschluss hält [1], bisher stets zutreffende Prognosen des Statistischen Landesamts zum Bevölkerungswachstum begründungslos diskreditiert [2] und von 56 Mitgliedern der Verbandsversammlung nur sieben Frauen sind und Bürgemeister und Altbürgermeister von CDU und FWV stärkste Kraft bilden [3]. “Diese Zusammensetzung bildet die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse in den Gemeinderäten gar nicht ab!”, so Junker.

“Dem setzen wir ein radikales Alternativprogramm entgegen: Wir laden ab sofort jeden Sonntag alle interessierten Bürger*innen ein, bei einem Waldspaziergang für eine offene Austauschrunde zu uns ins Baumhausdorf zu kommen”, so Junker weiter. Viele Anwohner*innen kündigten bereits vergangene Woche ihre langfristige Unterstützung an und versorgen die Waldbesetzung mit Mahlzeiten und Baumaterial. “Aber auch alle anderen Nachbar*innen sollen die Möglichkeit haben, uns kennenzulernen: Wir sind eine bunte Mischung aus Schüler*innen, Student*innen, Auszubildenden, Berufstätigkeiten und Vollzeitaktivist*innen, die möchten, dass der Wald der friedfertige Ort bleibt, der er aktuell noch ist.” Im Anschluss an die Austauschrunden finden für alle Interessierten unentgeltliche Workshops zum aktivistischen Klettern und Baumhausbau statt. Junker: “Eltern und Großeltern können gerne ihre Kinder und Enkel mitbringen.”

Zu den offenen Austauschrunden sind auch Lokalpolitik und Presse geladen. “Wir hoffen, Anwohner*innen und Entscheidungsträger*innen an einen Tisch zu bringen”, so Junkers Mitstreiter Lorenz Geiger (17). “Vielleicht entwickeln unsere Politiker*innen dann wieder ein Verständnis für die Lebensgrundlagen der Anwohner*innen und priorisieren nicht länger die Profitgier eines einzelnen Kiesexportunternehmens. Die natürliche Waldatmosphäre könnte helfen, dass diese Runden nicht zu den sonst von der Politik bekannten Teufelskreisen degradieren.”

[1] https://youtu.be/Mmp8FEuKCsc?t=287 (Zeitstempel 4:47)
[2] https://site-1008701.mozfiles.com/files/1008701/S4F_Kritische-Wurdigung-Regionalplanentwurf-BO_Entwurf-mit-Anlagen_Endversion_11Feb2021-1.pdf (Abschnitt 1.1)
[3] https://www.rvbo.de/Verband/Gremien-des-Regionalverbandes-Bodensee-Oberschwaben

Anfahrt

Auf dem Weg von Weingarten nach Wolfegg befindet sich das Baumhausdorf kurz vor der Abzweigung Grund rechts im Wald. Parkplätze sind vorhanden. Nah an der Besetzung hält die Buslinie 7534 (Haltestelle “Vogt Abzw. Grund im Wald”). “Um Autofahrer*innen auf das akute Politikversagen hinzuweisen, spannen wir demnächst auch ein Transparent über die L317”, so Geiger. “Dann wird die Waldbesetzung ganz leicht zu finden sein.”

Aktueller Status

Die Waldbesetzung besteht seit dem 25.2.2021. Anlass sind die Rodungspläne des Regionalverbands. “Obwohl wichtig für die Trinkwasserversorgung und Staub- und CO₂-Bindung, soll der Wald einer Kiesgrube mit 90 Meter hoher Abbruchkante weichen”, erklärt Geiger den Grund der Besetzung. “Dieser Zerstörungswut stellen wir uns entgegen.” Am 2.3. war der SWR lange für Filmaufnahmen im Wald. Mittlerweile gibt es drei Wohnplattformen, die zu mehrstöckigen Baumhäusern ausgebaut werden, ein Baumzelt und eine Materialplattform. Über Traversen und Baumwipfelpfade (Walkways) sind die verschiedenen Orte des Baumhausdorfs miteineinander verbunden. “Tagüber ist immer viel los”, freut sich Geiger über die vielen Unterhaltungen mit unterstützenden und neugierigen Bürger*innen. Die Anzahl Waldbewohner*innen schwankt. In der Nacht vom 2.3. auf den 3.3. sind es neun Aktivist*innen.

Fotos zur freien Verwendung

https://ravensburg.klimacamp.eu/altdorfer-wald/ (Urheber: Altdorfer Waldbesetzung)

Kontakt

Ingo Blechschmidt (+49 176 95110311) stellt gerne den Kontakt zu den Waldbesetzer*innen her. Es gibt keine autorisierte Gruppe und kein beschlussfähiges Gremium, das “offizielle Gruppenmeinungen” für die Besetzung beschließen könnte. Die Menschen in der Besetzung und ihrem Umfeld haben vielfältige und teils kontroverse Meinungen. Diese Meinungsvielfalt soll nicht zensiert werden, sondern gleichberechtigt nebeneinander stehen. Kein Text spricht für die ganze Besetzung oder wird notwendigerweise von der ganzen Besetzung gut geheißen.