Pressemitteilung vom Ravensburger Klimacamp am 26.10.2021

Erster Strafprozess gegen Klimaaktivist Samuel Bosch wegen Gründung der “Alti”-Besetzung und vier Banneraktionen

Nach nun zwei Jahren Klimagerechtigkeitsaktivismus steht Samuel Bosch am Donnerstag (28.10.2021) ab 9:00 Uhr vor dem Amtsgericht Ravensburg Rede und Antwort. Es ist der erste Strafprozess gegen Klimaaktivist*innen in Ravensburg, es geht um fünf Einzelvorwürfe zu vier Aktionen und dem Start der Besetzung des Altdorfer Walds.

Die Einzelvorwürfe lauten:

  1. Beginn des Baumhauscamps im Altdorfer Wald, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)
  2. “Stoppt den Klimahöllenplan”-Banner in Amtzell, Vorwurf: Hausfriedensbruch (§123 StGB)
  3. Banner an Bagger der Kiesgrube Tullius bei Oberankrenreute, Vorwurf: Hausfriedensbruch (§123 StGB)
  4. Baumbesetzung in der Bachstraße, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)
  5. Banner mit Prof. Dr. Ertel an der RWU in Weingarten, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)

Die Klimaaktivist*innen und deren anwältlicher Verteidiger Klaus Schulz rechnen bei allen Vorwürfen mit einem Freispruch. Aus Sicht der Aktivist*innen seien die Vorwürfe “an den Haaren herbei gezogen” um ihren legitimen Protest zu “kriminalisieren”. Samuel Bosch (18): “Da kein Mensch zu Schaden gekommen ist, bedauern wir, dass die Behörden die Justiz mit unnötigen Prozessen belasten.” Ein früheres Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Bosch wurde eingestellt (Artikel in der Schwäbischen Zeitung), zudem stellte auch schon die Staatsanwaltschaft zahlreiche polizeiliche Ermittlungsverfahren ein, bevor sie Gerichte belasten musste.

Laut den Aktivist*innen stimme die Aussage, sie hätten am 19.2.2021 ein Banner über die L317 nahe des “Alti”-Camps gespannt, nicht, sie haben zu diesem Zeitpunkt lediglich Plattformen und Baumhäuser im Wald errichtet.

Anwohner Manfred Scheurenbrand (66) aus Waldburg unterstützt eine von Unterstützer*innen organisierte parallel stattfindende Mahnwache vor dem Amtsgericht: “Vor Gericht sollten die Umweltbrecher stehen, nicht die jungen Menschen, die mit friedlichm zivilen Ungehorsam auf Missstände hinweisen.”

Hinweise zu den Einzelvorwürfen

Die Einzelvorwürfe lauten:

  • Beginn des Baumhauscamps im Altdorfer Wald, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)
  • “Stoppt den Klimahöllenplan”-Banner in Amtzell, Vorwurf: Hausfriedensbruch (§123 StGB) & (§26 VersG)
  • Banner an Bagger der Kiesgrube Tullius bei Oberankrenreute, Vorwurf: Hausfriedensbruch (§123 StGB)
  • Baumbesetzung in der Bachstraße, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)
  • Banner mit Prof. Dr. Ertel an der RWU in Weingarten, Vorwurf: Versammlungsgesetz (§26 VersG)

  1. Die Aktivist*innen besetzen seit Februar ein bedrohtes Waldstück im Altdorfer Wald um die geplante Rodung für den Kießabbau zu verhindern. Artikel zur Aktion

  2. Die Aktivist*innen kletterten auf die Mehrzweckhalle in Amtzell um dort mit einem Banner (“Stoppt den Klimahöllenplan”) gegen den aus ihrer Sicht nicht zukunftsfähigen Regionalplanentwurf zu protestieren. Währenddessen stimmte der Gemeinderat-Amtzell in der Mehrzweckhalle über den Entwurf ab. Dieselbe Form von Aktion wurde einige Tage später auch bei der entsprechenden Sitzung des Gemeinderats in Weingarten durchgeführt. Artikel zur Aktion

  3. Die Aktion an der Hochschule stieß den Prozess an, ungenutzte Hörsäle im Winter nicht unnötig zu beheizen.Das hatte zuvor Prof. Dr. Wolfgang Ertel über zehn Jahre lang erfolglos versucht. Artikel zur Aktion

  4. Bei der Baumbesetzung in der Bachstraße wird den Aktivist*innen vorgeworfen, Vögel so sehr gestört zu haben, dass sie ihre Brut nicht mehr versorgten. “Tatsächlich zeigten sich die Vögel von unserer Hängematte sichtlich unbeeindruckt und flogen immer wieder ein uns aus”, so Bosch. Ein von einem Anwohner am 18. Maiaufgenommenes Video belegt, dass sich die Vögel auch nach der Aktion weiterhin ihre Brut versorgten und normal verhielten. Artikel zur Aktion

  5. Bei der Aktion in der Kiesgrube handelt es sich aus Sicht der Aktivist*innen nicht um Hausfriedensbruch. Ihrer Ansicht nach ist das Betreten von offenem Gelände ist erlaubt und das Entfernen des Banners durch die Arbeiter*innen der Kiesgrube dauerte wahrscheinlich nur wenige Sekunden. “Warum werden überhaupt Aktionen verfolgt, die niemanden stören und bei denen niemand zu Schaden kommt?” so Bosch zu den Vorwürfen. Artikel zur Aktion