Pressemitteilung vom Ravensburger Klimacamp am 15. Januar 2021

Bericht zum gestrigen Gespräch mit der Stadtspitze

Am gestrigen Donnerstagabend kam es zum Gespräch zwischen Vertreter*innen des Ravensburger Baumhausklimacamps und der Ravensburger Stadtspitze, bei dem unter anderem Oberbürgermeister Rapp sowie die Bürgermeister Blümcke und Bastin anwesend waren.

“Im Gespräch gab es anders als erwartet einen echten inhaltlichen Austausch”, freut sich Klimacamper Samuel Bosch (18). “Wir hatten befürchtet, dass die Stadtspitze die gesamte Zeit über nur unsere Aktionsform angreifen würde.”

“Insgesamt prägte die Stadtspitze das Gespräch durch Hinweise auf viele Einzelmaßnahmen, die in Sachen Klimaschutz schon ergriffen wurden, und verwies immer wieder auf andere Kommunen, die diesbezüglich noch schlechter aufgestellt sind als wir”, erklärt Aktivistin Emma Junker (17). “Dass andere Städte in Klimaschutz eine 6 bekommen, heißt nicht, dass wir uns auf unserer 4 ausruhen dürfen. Note 4 in Klimaschutz ist ungenügend und verstößt gegen das demokratisch beschlossene Pariser Klimaabkommen!”

Wie in fast allen Städten Deutschlands ist zwar in Ravensburg ein Rückgang der CO2-Emissionen feststellbar. “Ravensburg befindet sich aber nicht auf einem Reduktionspfad, der mit den eigenen Klimazielen kompatibel ist”, erklärt Professor Wolfgang Ertel, der die Schüler*innen beim Gespräch unterstützte. “Der letzten Juli im Gemeinderat einstimmig beschlossene ‘Klimakonsens’ ist gut, doch nun versäumt es die Stadt, Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Ziele einzuhalten!” Nicht einmal der Klimarat, der die Umsetzung des Klimakonsens begleiten sollte, wurde bisher von der Stadt eingesetzt.

“Wir schätzen die bisherige Klimaschutzarbeit unserer Stadtverwaltung sehr”, erklärt Klimacamperin Nele Kirn (17). “Nun ist aber die Politik gefragt, um die großen Stellschrauben anzugehen: den ÖPNV deutlich ausbauen und vergünstigen, die Innenstadt auf Fußgänger*innen und Radler*innen neu ausrichten, den auf Wachstum ausgelegten Regionalplan grundüberarbeiten und vieles andere mehr. Nur so sind Ravensburg und Ravensburgs Wirtschaft für die Zukunft gut aufgestellt”.

“Im Gespräch offenbarte die Stadtspitze auch Unverständnis und mangelnde Weitsichtigkeit”, gibt Rosina Kaltenhauser (17) zu Protokoll. Etwa deutete Bürgermeister Bastin an, dass unsere Baumbesetzung den Bäumen angesichts der schweren Hitzesommer nicht helfen würde. “Dabei sind Aktionen wie unsere das letzte Mittel, um die Politik dazu zu bewegen, die Arbeit gegen die Hitzesommer aufzunehmen und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.” Als es im Gespräch um den Erhalt des Altdorfer Walds ging, erklärte Oberbürgermeister Rapp, dass der dort abgebaute Kies doch auch für die neuen Radwege benötigt würde, welche die Klimacamper*innen fordern. “Dabei wünschen wir uns ja eine mit dem Ausbau und der Vergünstigung des ÖPNV einhergehende planvolle Umwidmung von Auto- in Fahrradstraßen”, so Kaltenhauser weiter. “Außerdem exportieren wir den Großteil des in Deutschland gewonnenen Kies nach Österreich und die Schweiz, wo stärkere Umweltauflagen herrschen.”

Wie es weiter geht

Weitere inhaltliche Gespräche mit der Stadt sollen folgen. Bürgermeister Blümcke deutete an, dass eine Dauerversammlung am Boden akzeptiert werden würde. “Die Versammlungsfreiheit schützt aber natürlich alle Versammlungen, auch die in zehn Meter Höhe”, erwiderte Bosch. “Wir werden unser Baumhausklimacamp auf jeden Fall fortsetzen.”

“Versammlungen und ziviler Ungehorsam sind seit jeher feste Elemente einer gelebten Demokratie”, konterte gestern Kaltenhauser. Sie bezog sich dabei auf eine Erklärung von August Schuler (CDU, langjähriger Gemeinderat und Landtagsabgeordneter), der die Aktion der Klimagerechtigkeitsaktivist*innen für jenseits von Demokratie befindlich erklärte.